Der Klimawandel beeinflusst zunehmend die Geschäftswelt. Unternehmen sind gefordert, nicht nur ihre ökologischen Auswirkungen zu verringern, sondern sich auch auf klimatische Risiken wie Überschwemmungen, Stürme oder Hitzewellen vorzubereiten. Dies spiegelt sich in den aktuellen Änderungen der ISO-Managementnormen wider. Unternehmen müssen diese Herausforderungen nicht nur erkennen, sondern auch aktiv darauf reagieren. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die neuen Anforderungen, konkrete Lösungsansätze und Beispiele zur praktischen Umsetzung.
Welche Normen und Kapitel sind betroffen?
Die Einbindung klimatischer Risiken betrifft mehrere ISO-Normen:
- ISO 9001: Qualitätsmanagementsysteme
- ISO 14001: Umweltmanagementsysteme
- ISO 45001: Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsysteme
- ISO 22000: Lebensmittelsicherheitsmanagementsysteme
- ISO 22301: Business Continuity Management
- ISO/IEC 27001: Informationssicherheitsmanagementsysteme
- ISO 37301: Compliance-Managementsysteme
Relevante Kapitel in den Normen
Kapitel 4: Kontext der Organisation
Unternehmen müssen die Auswirkungen klimatischer Risiken auf ihren Geschäftsbetrieb berücksichtigen. Dies betrifft beispielsweise externe Faktoren wie steigende Hochwassergefahren oder interne Aspekte wie hitzebedingte Gesundheitsrisiken der Mitarbeitenden.
Kapitel 6: Planung
Die Risikobewertung umfasst nun ausdrücklich klimatische Risiken. Dies erfordert Szenarienplanung, um sich auf Extremwetter und langfristige Klimaveränderungen vorzubereiten.
Kapitel 8: Betrieb
Unternehmen müssen Prozesse und Maßnahmen implementieren, um Schäden durch klimatische Ereignisse zu minimieren – z. B. präventive Schutzmaßnahmen gegen Überschwemmungen.
Kapitel 9: Bewertung der Leistung
Es wird nicht explizit gefordert, eine CO?-Bilanz zu führen. Vielmehr steht die Überwachung von Maßnahmen und Indikatoren im Vordergrund, die den Umgang mit klimatischen Risiken dokumentieren.
Herausforderungen durch klimatische Risiken
Die wachsenden klimatischen Risiken stellen für viele Unternehmen eine Herausforderung dar:
- Unberechenbare Wettermuster: Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen oder Stürme können Lieferketten unterbrechen, Produktionsstätten beschädigen oder Geschäftsabläufe lahmlegen.
- Steigende Kosten durch Klimaanpassungen: Maßnahmen wie der Bau von Hochwasserschutzwänden oder die Modernisierung von Gebäuden können hohe Investitionen erfordern.
- Unklare Risikoeinschätzungen: Für viele Unternehmen ist es schwierig, die Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen von Klimarisiken korrekt zu bewerten.
Lösungsansätze und Tipps zur Umsetzung
Die Integration klimatischer Risiken in Managementsysteme erfordert eine systematische Herangehensweise. Folgende Schritte können dabei helfen:
1. Analyse klimatischer Risiken
Externe Risiken: Analysieren Sie geografische Gegebenheiten. Befindet sich der Standort in einer Überschwemmungs- oder Sturmzone?
Interne Risiken: Prüfen Sie Ihre Prozesse. Sind wichtige Anlagen gegen Überschwemmungen geschützt? Ist die Infrastruktur auf extreme Temperaturen ausgelegt?
Beispiel:
Ein Produktionsunternehmen in der Nähe eines Flusses analysiert die potenzielle Hochwassergefahr. Mithilfe von Kartenmaterial und historischen Daten wird das Überschwemmungsrisiko bewertet.
Ergebnis: Das Risiko steigt aufgrund zunehmender Starkregenereignisse.
2. Umsetzung der Risikoeinschätzung
Nutzen Sie bewährte Tools wie Risikomatrixen, um die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Auswirkungen zu bewerten. Diese Einschätzungen fließen in die Planung geeigneter Maßnahmen ein.
Maßnahmen:
- Für Überschwemmungsrisiken: Installation von Hochwasserschutzwänden, Überprüfung von Entwässerungssystemen.
- Für Sturmschäden: Verstärkung von Dächern, Sicherung von Außenanlagen.
- Für Hitzewellen: Anpassung der Arbeitszeiten, Installation von Klimatisierungssystemen.
3. Szenarienplanung
Entwickeln Sie Szenarien für mögliche Extremereignisse. Was passiert, wenn ein Starkregenereignis den Hauptstandort unbrauchbar macht? Welche Prozesse können kurzfristig ausgelagert werden?
Beispiel:
Ein Büro-Unternehmen führt eine Szenarienanalyse durch und erkennt, dass Starkregen das Gebäude unzugänglich machen könnte. Als Maßnahme wird ein Notfallarbeitsplatz bei einem externen Anbieter eingerichtet.
4. Schulung und Bewusstseinsbildung
Klimarisiken betreffen das gesamte Unternehmen. Schulungen und Workshops helfen, Mitarbeitende für die Gefahren zu sensibilisieren und eine Kultur der Klimaanpassung zu etablieren.
5. Überprüfung und Anpassung
Überwachen Sie regelmäßig die Wirksamkeit Ihrer Maßnahmen. Führen Sie Übungen durch, um die Reaktionsfähigkeit auf klimatische Ereignisse zu testen.
Beispiele aus der Praxis: Ausführlich und differenziert
Beispiel 1: Bürounternehmen in einer urbanen Umgebung
Ein mittelständisches Beratungsunternehmen mit einem Büro in einer städtischen Region möchte klimatische Risiken in sein ISO-Managementsystem integrieren.
1. Identifizierung von Klimarisiken
Physische Risiken: Starkregenereignisse und Überschwemmungen, die den Standort unzugänglich machen oder die IT-Infrastruktur beschädigen könnten.
- Übergangsrisiken: Steigende Kosten durch strengere regulatorische Anforderungen an energieeffiziente Gebäude.
- Lieferkettenrisiken: Verzögerungen bei der Lieferung von Büroausstattung, z. B. durch wetterbedingte Logistikprobleme.
- Betriebsunterbrechungsrisiken: Mitarbeitende können den Arbeitsplatz nicht erreichen, und die IT könnte ausfallen, was die Kundenkommunikation gefährdet.
2. Analyse der Klimarisiken
Das Unternehmen analysiert die Starkregenereignisse der letzten fünf Jahre und konsultiert Prognosen zur regionalen Entwicklung des Klimas. Dabei zeigt sich, dass die Gefahr von Überschwemmungen an ihrem Standort zunimmt. Zudem wird der Energieverbrauch des Gebäudes geprüft, da hohe Stromkosten durch neue Regulierungen drohen.
3. Bewertung der Klimarisiken
Überschwemmung: Hohes Risiko, da IT-Server und Elektronik in Bodennähe installiert sind und keine Schutzmaßnahmen vorhanden sind.
Regulierungen: Mittleres Risiko, da geplante Gesetzesänderungen zu höheren Energiekosten führen könnten.
Lieferketten: Niedriges Risiko, da Lieferungen nicht geschäftskritisch sind.
Betriebsunterbrechung: Mittleres Risiko, da Homeoffice für viele Mitarbeitende möglich wäre.
4. Umgesetzte Maßnahmen
- Server und IT-Ausrüstung wurden in höher gelegene Stockwerke verlegt, um Überschwemmungsschäden zu vermeiden.
- Eine energieeffiziente Klimaanlage und LED-Beleuchtung wurden installiert, um zukünftige Energiekosten zu senken.
- Ein Notfallarbeitsplatz wurde bei einem externen Anbieter eingerichtet, um den Betrieb bei Überschwemmungen aufrechtzuerhalten.
Beispiel 2: Produktionsunternehmen in einer windgefährdeten Region
Ein Unternehmen in der Metallverarbeitung betreibt eine Produktionsstätte in einem Gebiet, das zunehmend von Sturmschäden betroffen ist.
1. Identifizierung von Klimarisiken
Physische Risiken: Starke Winde, die Dächer und Außengeräte beschädigen können.
Übergangsrisiken: Höhere Investitionen durch Anforderungen an CO?-Reduktion bei Produktionsprozessen.
Lieferkettenrisiken: Verzögerungen bei der Lieferung von Rohmaterialien durch extreme Wetterereignisse.
Betriebsunterbrechungsrisiken: Ausfall der Produktion bei Sturmschäden oder Stromausfällen.
2. Analyse der Klimarisiken
Mithilfe von Klimadaten und regionalen Windwarnungen untersucht das Unternehmen die Häufigkeit und Stärke von Stürmen. Historische Daten zeigen, dass in den letzten zehn Jahren die Schäden durch Winde signifikant zugenommen haben.
3. Bewertung der Klimarisiken
Sturmschäden: Hohes Risiko, da Außengeräte nicht ausreichend gesichert und Dächer alt sind.
Übergangsrisiken: Mittleres Risiko, da neue Investitionen mittelfristig erforderlich werden.
Lieferketten: Mittleres Risiko, da kritische Rohstoffe wie Stahl wetterbedingt verspätet eintreffen könnten.
Betriebsunterbrechung: Hohes Risiko, da Sturmschäden die Produktion stoppen könnten.
4. Umgesetzte Maßnahmen
- Installation von verstärkten Dachkonstruktionen und Schutzmaßnahmen für empfindliche Außengeräte.
- Einführung von Frühwarnsystemen für Stürme, sodass Geräte rechtzeitig gesichert werden können.
- Aufbau eines Sicherheitslagers für kritische Rohstoffe, um wetterbedingte Lieferausfälle zu kompensieren.
- Schulungen für Mitarbeitende zur Notfallreaktion bei extremen Wetterbedingungen.
Fazit: Risiken managen, Resilienz steigern
Die Integration klimatischer Risiken in ISO-Managementsysteme ist nicht nur ein notwendiger Schritt, um zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, sondern auch eine Chance, das Unternehmen resilienter und nachhaltiger aufzustellen.
Mit einer systematischen Identifikation, Analyse und Bewertung klimatischer Risiken können Unternehmen präventive Maßnahmen ergreifen, um physische Schäden, Übergangsanforderungen und Betriebsunterbrechungen effektiv zu bewältigen. Bei Bedarf stehen wir Unternehmen gerne zur Seite, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und diese effizient umzusetzen.